30 JAHRE KUNSTVEREIN WEIDEN, HIPP HIPP, HURRA! Warum soll interessant sein, dass es in Weiden einen Kunstverein gibt, der grade im 30sten Jahr ist und in der ganzen Kraft seiner Entwicklung und Frische angekommen ist? Was macht eigentlich den Kunstverein Weiden so wünschenswert? Muss nicht eher z.B. die Feuerwehr gefördert werden mit unseren Steuergroschen, als so ein Verein für Künstler und Kunstinteressierte? 200 Jahre, das ist in Etwa die Spanne Zeit, seit es diese interessante Institution Kunstverein überhaupt gibt. Übrigens ein deutsches Phänomen, eine vielfach und weltweit nachgeahmte Erfindung des aufstrebenden deutschen Bürgertums, das sich die Kultur und Kultiviertheit des vormals tonangebenden Adels auf seine Weise aneignete. Die ersten Kunstvereine wurden um 1800 gegründet. Ihr Ziel war die Vermittlung zwischen Kunstinteressierten und zeitgenössischer Produktion. Die Beschäftigung mit Kultur sollte nicht nur dem Adel überlassen bleiben. Die Kunstvereine, waren Ausdruck von Emanzipationsbestrebungen, Schritte in eine moderne, demokratische Gesellschaft, ein Weg zum Licht, zum Licht der Aufklärung, die eben nicht nur aus Technik, Scheinwerfern oder Mikroskopen besteht, sondern auch den Traum und die Phantasie im Gepäck hat. Zu den ältesten Kunstvereinen zählt die Albrecht-Dürer-Gesellschaft in Nürnberg von 1792. Schon 1847 wurde in der Oberpfalz, in Regensburg, der Kunst- und Gewerbeverein gegründet. Kunstvereine sind frühe Bürgerinitiativen für Kunst und Kultur, für Selbstvergewisserung und Fragen an die Zeit und zeugen vom erstarkendem Selbstbewusstsein der Individuen. Der Kunstverein Weiden ist nun tatsächlich erst 30 Jahre alt. Aber: Es wird nicht viele unter den ca. 300 deutschen Kunstvereinen geben, die so frisch und so auf der Höhe der Zeit, auf der Höhe der wichtigen Diskussionen und der gesellschaftlichen und der künstlerischen Vielgestaltigkeit sind. Welche Diskussionen sind das, werden Sie fragen? Muss man das wissen? Muss man da dabei sein? - Nein, müssen nicht, aber es ist ja ein Vergnügen auf der "Spielwiese Kunst" gute und vielgestaltige Gespräche zu führen, beeindruckende Bilder zu sehen, mit Menschen die sich mit dem Rand und dem Zentrum beschäftigen. Kunst muss nichts und kann alles. Daran kann man sich selber hoch ziehen, als Betrachter*in, geistig, aber auch auf der Gefühlsebene, das nennen wir Kultur. Oft reicht die Anschauung, selbst ohne Worte. Heißt es nicht "Liebe auf den ersten Blick" und nicht Liebe nach dem ersten Satz! Und die Kultur würde es ohne Kunst nicht geben und dieses Hochgefühl können wir auch vertragen, denn es ist anders als - sagen wir mal, als die Arbeit im Büro eines Statikers oder Advokaten. Nun, weil zwei unterschiedlichste Künstler, wie der weltberühmte Beuys und der randständige Bresele, im Kunstverein Weiden ein Zuhause, ein und die selbe Plattform, einen physischen Ort, einen Botschafter ihrer Kunst gefunden haben, kann ich leicht sagen, der Kunstverein ist ein integrativer Ort. Und zwar für uns selber. In unserer Sprache, denn das Kunstwerk ensteht gültig erst im Auge der Betrachter*innen. Weil beide Künstler den Bogen, den bunten Regenbogen, spannen, der über dem Haus in der Lederergasse 6 in Weiden, am Rande der Altstadt, an Ausstellungstagen zu sehen ist. Am Ende des Regenbogens, das wissen wir alle, liegt der berühmte, glitzernde und blinkende Schatz, der wahre Reichtum, das manchmal ephemere Glück. Zwei von, fast möchte man sagen, „unzähligen“ Künstlern und Künstlerinnen, Gruppierungen und anderen Kunstvereinen, nicht zuletzt das Netzwerk KoOpf, dessen „Sendemast“ im Büro des KV Weiden zu finden ist. Es macht keinen Sinn hier zu versuchen, die vielen Ausstellungen und Künstler*innen Revue passieren zu lassen, die Weiden in 30 Jahren die Ehre erwiesen haben. Die Liste ist imposant. Doch: In meinen Augen ist die Verschränkung von international erfolgreichen und einheimischen Künstlern, von jungen Künstlertalenten mit dem großen Kunstgetriebe, von Zentrum und Peripherie, die ganz große Aufgabe und zugleich der grandiose Erfolg des KV Weiden. Bresele, aber auch der viel zu früh verstorbene Karl (Charlie) Aichinger, die als „Wilde Kerle“, wenn ich mich recht erinnere sogar im Gespann gezeigt wurden. Der junge, heute in Berlin lebende Ludwig Kreuzer z.B. soll nach einer Einführung von Wolfgang Herzer den Rang und die Wichtigkeit von Joseph Beuys mutig (mit 15!) in Frage gestellt haben. Bravo kann man da nur sagen, Bravo an den KV, der die Plattform für solche „Welteroberungen“ zur Verfügung stellte und immer noch stellt. Doch wer ist denn der Kunstverein eigentlich, wer hat denn, hinter der zweigeteilten Leuchtreklame über dem Lokal „Neues Linda“, was mich immer wieder an den „Rattinger Hof“ in Düsseldorf denken lässt, den Hut auf, die Kraft, das Durchhaltevermögen und die kognitiven Fähigkeiten so ein Tagwerk abzuliefern? Es sind ja die Menschen, hinter und in den Institutionen und Vereinen, in der Feuerwehr nicht anders als beim Kunstverein, die das auf die Beine stellen, die für uns ins Feuer gehen. Das weiß natürlich eh jede und jeder in Weiden und in der ganzen Oberpfalz und darüber hinaus, dass der Kunstverein zuerst Wolfgang Herzer und dann zur Unterstreichung gleich nochmal Wolfgang Herzer ist! Der Mastermind und erster Arbeiter, der erste Kunstkenner und und auch der erste Kunsttheoretiker. Wolfgang Herzer verkörpert den Kunstverein wie keine zweite Person. Aber diese zweiten Personen gibt es sehr wohl und da wären nun erneut einige zu nennen: Gabi Hammer muss dabei sein, aber auch Robert Hammer und Ludwig Kreutzer Senior und Maria Weber und Claus Bergler und die ganze aktive Crew, die gerade den Vorstand bildet und die Arbeit macht. Kunstvereine sind emanzipatorisch, auch mal um die Ecke und von der dunklen oder skurrilen Seite her kommend, Kunstvereine sind ein „sur plus“, ein Schlagobers für Geist und Mentalität, für Selbstvergewisserung und für Zusammengehörigeit - ohne zu uniformieren. Die ehrenamtlichen und oft ungenannten Menschen, die hier den Kunstverein für die ganze Oberpfalz am Laufen halten und die den Verein auch von aussen unterstützen, wie expuls und andere, sind mit Dank zu überhäufen, nicht nur mit dem oberpfälzerischen „Niat geschimpft is globt gnou“. Deshalb ganz großen Dank an den seit Jahrzehnten in Weiden so produktiven Geist und Macher Veit Wagner und genauso an Claudia Kneidl, Cordula Messer, Franz Zielinski, Beate Huber und Axel T. Schmidt und die vielen anderen guten Menschen. Unsere Welt wird durch solche aktiven Menschen zu einem „better place“. Zweifelsohne. - Alles Gute für alle und für die nächsten 30 Jahre. Jürgen Huber
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